Dienstag, 11. Mai 2010

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Schottland
s. Thomas of Erceldoune
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Singerberg
Berg in Thüringen. Dort kennt man Überlieferungen über Zeitsprünge mit Missing Time:
Der Kornfuhrmann im Singerberg
Vor langer Zeit machte sich ein Fuhrmann aus Möhrenbach mit seinem einspännigen Karren auf den Weg zur Deube, um Korn einzukaufen. Nachdem er bezahlt und seinen Wagen beladen hatte, kehrte er sogleich wieder zurück, obwohl es bereits zu dämmern begann. In Cottendorf wollte er übernachten, um am folgenden Tag zeitig wieder zu Hause zu sein.
Der Fuhrmann war noch nicht lange gefahren, da brach auf einmal so starke Finsternis herein, dass er den Weg nicht mehr erkannte. Er irrte nach rechts, dann nach links, und schließlich wusste er überhaupt nicht mehr, wo er war. Auf einmal erblickte er ein großes, hell erleuchtetes Gebäude. Ohne sich lange zu besinnen, fuhr er darauf zu und klopfte ans Tor. Ein altes Männchen mit schneeweißem Haupt und langem weißen Bart öffnete und fragte den Fuhrmann nach seinem Begehr.
Der Fuhrmann sagte: "Ich habe mich in der Dunkelheit verirrt und bin mit meinem Wagen vom Weg abgekommen. Ist es möglich, dass ich hier bei euch mit meinem Geschirr übernachte?"
"Gewiss ist das möglich", gab das Männchen zur Antwort, "fahre nur herein."
Der Mann aus Möhrenbach tat, wie ihm geheißen. Das Männlein geleitete ihn auf einen großen Hof, half ihm ausspannen, das Pferd in den Stall bringen und füttern, und ihn selbst führte es in eine hell erleuchtete Stube. Da fand der Fuhrmann Speis und Trank und eine gute Streu für das Nachtlager. Nachdem er sein Abendbrot verzehrt hatte, legte er sich hin und schlief ein.
Er erwachte, als es gerade Tag werden wollte, stand auf und eilte, sein Pferd zu füttern. Das Männchen war wieder zur Stelle, um ihm zu helfen. Als sie in den Stall traten, fraß der Gaul schon sein Morgenfutter, und auch für den Fuhrmann stand ein kräftiges Frühstück bereit. Er ließ es sich gut schmecken, dann fragte er nach seiner Schuldigkeit und wollte bezahlen. Das Männchen jedoch verbat sich das und sagte: "Irrende beherberge und bewirte ich umsonst."
Unter tausend Danksagungen führte der Fuhrmann sein Pferd aus dem Stall, um anzuspannen und mit dem Gefährt nach Hause zu fahren. Das Männlein öffnete das Tor und wünschte ihm Glück auf den Weg. Dabei fragte es, ob auf der Erde noch die Sterne, die Sonne und der Mond zu sehen seien, und als der Fuhrmann bejahte, seufzte es ein lautes "Ach!" und verschwand; das Tor schlug hinter dem Fuhrmann mit einem furchtbaren Getöse zu. Er schaute sich erschrocken um und staunte nicht wenig, als das große Gebäude verschwunden war und er sich mit seinem Karren vor dem ihm wohlbekannten Singerberg befand. Nachdem er sich von seinem Schrecken einigermaßen erholt hatte, fuhr der Mann nach Cottendorf weiter und von da gleich nach Gräfenau und Angstedt. In allen Orten zeigten sich seinen Blicken seltsame Veränderungen. Er wusste nicht, was er davon halten sollte. Auch in Gehren gewahrte er zu seiner Verwunderung ganz andere Häuser als jene, die er in seinem Gedächtnis hatte, und begegnete Leuten, die er nicht kannte.
Und als er mit seinem Geschirr nach Möhrendorf, seinem Heimatort gelangte und zum Tor seines Hauses einfahren wollte, da entdeckte er an dessen Stelle ein ganz anderes Gebäude. Auch wohnten andere Leute darin, die ihm die Einfahrt verwehrten. Der Mann wusste vor Staunen nicht, was er denken und sagen sollte.
Inzwischen hatte sich die Nachricht von seiner Ankunft im Dorf verbreitet, und die Leute kamen, um den eigenartigen Fuhrmann zu sehen. Niemand kannte ihn, und ebenso sah er nur in fremde Gesichter. Er nannte seinen Namen, aber selbst die ältesten Leute wussten sich seiner nicht zu erinnern. Endlich schlug man in einem alten Kirchenbuch nach, und da fand sich vor 100 Jahren sein Name mit der Bemerkung eingetragen, dieser Mann sei mit seinem Geschirr zum Fruchteinkauf gefahren, aber nicht wieder zurückgekehrt. Als nun der Fuhrmann sein Erlebnis erzählte, wurde allen klar, dass er it seinem Pferd 100 Jahre im Singerberg verschlafen hatte.
(Walter Nachtigall / Dietmar Werner: Der pfiffige Bauer. Berlin 1988) Diese Überlieferung weist neben dem Motiv Missing Time noch das des Bauwerk in einer anderen Zeit auf und eventuell das Motiv Zeitsprung in Gegenwart von Zwergen.

Weitere Überlieferung:
Der Schäfer im Singerberg: Ein Schäfer begegnet am Singerberg einer weißen Frau. Er folgt ihr auf ihr Winken in den Berg und durch zahlreiche unterirdische Räume. Er wird dort bewirtet und fällt dann in Schlaf. Als er erwacht, sieht er im Nebenraum lauter schlafende Ritter in Rüstungen. Einer von ihnen ist wach und fragt nach dem Jahr, das man jetzt schreibe. Ehe der Schäfer sich sammeln kann krachte es im Berg laut, die Tafel, die Ritter, selbst die Gewölbe verschwanden, und urplötzlich fand sich der Schäfer unter freiem Himmel wieder. Seine Herde ist verschwunden, und im Dorf sieht er laute unbekannte Gesichter, große Häuser auf zuvor freien Plätzen. Der ganze Ort war verändert, und keine Menschenseele kannte ihn. Er erfuhr, dass er 100 Jahre im Berg geweilt hatte.
(Michael König / Kerstin Dietel: Thüringer Berge und ihre Sagen. Jena 1994)
Dies ist ein Beispiel für einen Zeitsprung mit Missing Time beim Besuch des Berginneren, beim Besuch einer Örtlichkeit mit Zeitschläfern, einem Beam-vorgang, und in Gegenwart eines fremdartigen Wesens - einer Weißen Frau.

Des weiteren kennt man im Raum Singerberg das Motiv Raum-Zeit-Tor:
Volksglaube: Nur einmal im Jahr öffne sich eine einsame Pforte ins Berginnere.
Überlieferung: Ein Schafknecht gewahrte mehr träumend als schauend ... eine unmerkliche Veränderung an der verklüfteten felsigen Wand. Als er genauer hinsah, entdeckte er eine kleine eiserne Türe in der Felswand, die er noch nie gesehen hatte. Ein kleines graues Männchen kam heraus, rief ihn hinein, doch der Schäfer traute sich nicht so recht. Am Abend erzählte er von seinem Erlebnis und ging am selben Abend in Begleitung wieder dorthin. Er fand auch schnell den Platz vor dem Felsen wieder, an dem ihm der Zwerg erschienen war. Doch trotz des hellen Mondscheins war keine Tür zu finden. Die beiden Gefährten suchten angestrengt den ganzen Felsen ab. Doch überall blickte ihnen das nackte Gestein entgegen.
(Michael Köhler / Kerstin Dietel: Thüringer Berge und ihre Sagen. Jena 1994)

Sagen um Tore, Türen oder Öffnungen in Felswänden gibt es weltweit; Tore, die mal da sind und mal nicht und urplötzlich verschwinden können, wären durch das Motiv Raum-Zeit-Tor erklärbar. s. auch Zwergenreich / Zwerge
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Steiermark, Österreich
In der Steiermark werden mehrere Sagen überliefert, die mit Zeitsprüngen zu tun haben.

Ennstaler Alpen:
Ein Hirtenknabe verträumte seine Arbeit, die Herde verlief sich. Er suchte die Tiere und kam an einer Felswand vorüber, wo ihm eine Tür im Gestein auffiel, die es vorher dort niemals gegeben hatte. Vor der Tür stand ein bärtiges kleines altes Männlein, das den Knaben aufforderte, mit hereinzukommen. Doch dem Knaben ist war das nicht geheuer und er lief davon.
Doch als ihm ein Köhler riet, doch noch einmal hinzugehen, tat er es. Und wieder stand vor der Tür im Felsen das Männlein. Der Knabe folgte diesem in eine offene Felsenhalle.
Sie durchschritten viele Gänge, bis sie in einen großen Saal kamen. Der Junge glaubte, seiner Sinne nicht mächtig zu sein, als er die vielen Herrlichkeiten dort erblickte. Vom Boden bis zur Decke war alles eitel Gold, Edelsteine funkelten in allen Farben. Wohin das Auge sich wandte, gewahrte es unermessliche Schätze und Reichtümer. So führte der Alte den Knaben noch durch viele Sääle, von denen einer herrlicher erschien als der andere.
Schließlich wurde der Knabe zurückgeführt und steckte auf Anraten des Männleins ein paar rostige Schuhnägel ein.
Als er wieder im Freien stand, schien ihm die Gegend ganz verändert. Er wollte das Männlein fragen, wo er sich befinde, doch der Alte war schon verschwunden, und von der Felsentüre war keine Spur mehr zu sehen.
Der Knabe ging auf die nächste Siedlung zu und erfuhr, dass er sich in der Nähe des Ortes Eisenerz befinde. Er ließ sich den Weg nach Gams zeigen und ging nach Hause. Die Schuhnägel aber hatten sich in Gold verwandelt. Daheim war man schon in Sorge um ihn gewesen.
"Wo bist du denn die sechs Wochen geblieben?" empfing ihn ärgerlich der Bauer. Da wunderte sich der Knabe, denn er war ja nur wenige Stunden im Felsen bei dem Männlein gewesen. Er erzählte sein Erlebnis, und später suchte er immer wieder, selbst noch als Erwachsener, an dem Felsen nach der Türe, konnte sie aber niemals wieder entdecken.
(Karl Haiding: Österreichs Sagenschatz. Wien 1965)
Diese Sagen ist ein Beispiel für die Motive Missing Time, Zeitsprung beim Besuch einer Örtlichkeit hinter einer Felswand, Raum-Zeit-Tor und Zeitsprung in Gegenwart von Zwergen.

Obersteiermark:
Ein junges Mädchen ging am frühen Morgen Richtung Seckau. Unterwegs, auf dem Gamskogelberg, gesellte sich eine fremde alte Frau zu ihr und geleitete sie plaudernd. Nach kurzer Zeit merkte das Mädchen, dass es den rechten Weg verloren hatte. Sie gingen auf einen Felsen zu, die Frau berührte den Stein der sprang auf und strahlender Glanz übergoss das Mädchen. Im Innern des Berges lagen aufgehäufte Goldklumpen, kristallene Wände und Säulen aus Diamanten ragten empor. Aus dem alten Weib aber war ein Jüngling in grüner Jägertracht geworden.
Das Mädchen wurde angewiesen, ihr Körbchen mit Gold zu füllen, und dann trat sie wieder aus der Felsenkammer heraus.
Kaum aber stand sie im Freien, als das Tor auch schon wieder verschwunden war. Wie sollte sie von dem unbekannten Ort wieder nach Hause finden? Zufällig kam ein Bauer daher, der sie ins Dorf begleitete. Unterwegs erfuhr sie erstaunt, dass seit ihrem Weggehen ein halbes Jahr vergangen sei. Alle wunderten sich über ihre Rückkehr und bestaunten ihren Schatz.
Das Gold lockte einen Bauern aus der Gegend. Er ließ sich die Örtlichkeit beschreiben und ging los. Nach einigen Tagen suchte man den Vermissten und fand ihn tot in der Nähe des Felsens auf. Seine Taschen waren mit Gold gefüllt.
Seither bezeichnen die Umwohner den Gamskogel als Teufelsberg und erzählen, dass einmal pro Jahr an der Stelle, wo man den toten Bauern fand, eine bläuliche Flamme zu sehen sei.
(Karl Haiding: Österreichs Sagenschatz. Wien 1965)
In dieser Sagen gibt es die Motive Raum-Zeit-Tor + Zeitsprung beim Besuch des Berginnern.
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Sun Wukong
China: Uralte Geschichte um einen Affenkönig, der den Himmel besuchte und dabei einen Zeitsprung erlebte. Ein Beispiel für Missing Time.
Die Reise nach Westen wurde ca. 1550 geschrieben von Wu Cheng'en, einem Romanautor und Dichter der Ming Dynastie nach der Vorlage eines Reiseberichtes des Pilgermönchs Xuanzang, der von 629 - 645 die Seidenstraße und Indien bereiste. Die Reise dauerte sechzehn Jahre und hatte das Ziel, die heiligen Schriften Buddhas nach China zu holen. Nach seiner Rückkehr verfasste er Mönch einen ausführlichen Reisebericht, der dann mit vielen phantastischen Motiven angereichert wurde.
Teile des Textes müssen auf sehr viel ältere Quellen zurückgehen, denn über den Affenkönig existierten bereits zur "Zeit der Streitenden Reiche", die 475 v.Chr. begann, Legenden und Sagen.
Die Reise nach Westen ist bis heute eines der wichtigsten historischen Zeugnisse vom Leben in jenen frühen Tagen der Tang Dynastie und zählt zu den vier klassischen Romanen Chinas. Der Text enthält sowohl buddhistische als auch taoistische Elemente.

Sun Wukong, der Affenkönig, ist ein phantastisches Wesen, das aus einem steinernen Ei aus einem Felsen geboren worden sein soll. Dank der Lehre bei verschiedenen taoistischen Meistern ("Unsterblichen") erlernt Sun Wukong zahlreiche magische Kunststücke, darunter das Fliegen und das Verwandeln. Er erhält eine stabartige Waffe, die ihre Größe von stecknadelkopfgroß bis meilenlang verändern kann, und eine Wolke zur Fortbewegung durch Luft und All. Nach zahlreichen Abenteuern, bei denen Sun Wokong stets wegen seiner übermütigen Streiche aneckt, darf er zur Läuterung den Mönch Xuanzang auf dessen Reise nach Indien begleiten.
Eines dieser Abenteuer war eine Reise in den Himmel, die er auf seiner Wolke antrat. Dort oben drehte man dem Affenkönig den Posten des Stallmeisters an als Wächter der himmlischen Pferde, die imstande waren, die Wolken zu erklimmen. Doch schon nach etwa zwei Wochen hatte Sun Wukong die Nase voll von dem niedrigen Posten - zu Hause sei er wenigstens König - und verließ zornig den Himmel durch eines der Tore.
Als er kurz darauf auf seiner Wolke zu Hause eintraf, erfuhr er zu seiner Verblüffung, dass hier inzwischen viele Jahre vergangen sind. "Gratulation, Eure Majestät", so heißen ihn seine Untertanen willkommen. "Nach über einem Dutzend Jahre da oben wirst du in Glorie und Triumph zurückgekehrt sein."
"Was meinst du mit über einem Dutzend Jahre?" fragt der Affenkönig. "Ich war doch nur zwei Wochen oder so fortgewesen."
"Eure Majestät wird das Vergehen der Zeit im Himmel nicht bemerkt haben. Ein Tag im Himmel dauert so lang wie ein Jahr auf der Erde."

Anzumerken wäre noch, dass die Schilderung des Himmels viel gemeinsam hat mit Schilderungen anderer Örtlichkeiten, die Helden weltweiter Mythen aufsuchten und dabei einen Zeitsprung erlebten, seien es die Anderswelten der keltischen Überlieferung oder paradiesische Welten außerhalb der Erde.
In der "Reise nach Westen" wird der Himmel so geschildert: Alles ist lichtstrahlend und hell, es gibt kristallene und goldene Tore, man sieht Drachen und Phönixe (Flugobjekte?), es gibt 33 Paläste, darunter den Wolkenpalast, und 72 riesige Hallen, darunter eine "Halle für den Aufstieg ins All", Blumen und Pflanzen, die niemals verwelken, Korallenbäume, silberne Wagen und vieles mehr. All die wunderbaren Dinge im Himmel waren da, von denen keines auf der Erde zu sehen ist...
Diese Geschichte ist bis heute polulär und wurde zur Grundlage zahlreicher Filme, Bücher, Comics und Computerspiele. Eine Oper - "Affe - Reise nach Westen" wurde 2007 uraufgeführt. Im Jahr 2008 war Sun Wukong Favorit für das Olympia-Maskottchen in China.
(Helga Schmidt-Glintzer: Geschichte der chinesischen Literatur. München 199 + www.chine-informations.com/fichiers/jourwest.pdf)

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